2. Gedenkstein des Russen-Lagers 1805-2007
Zur Geschichte des Bildstockes
Standort:
In der Flur Rothe Erde beim Ebersbrunner Bach
48°31,06' nördl.Br.
15°49,58' östl.L.
Beschreibung:
Pyramidenförmig behauener Stein mit zwei Tafeln
Maße:
Höhe: 135cm; Breite: max. 95cm
Entstehungszeit:
2007
Am 29.April 2007 wurde der vom Österreichischen Kameradschaftsbund errichtete Gedenkstein der Öffentlichkeit übergeben. Das
Denkmal erinnert an ein Militärlager, das in den Napoleonischen Kriegen von verschiedenen Truppenteilen der kriegführenden
Mächte benützt wurde.
Zur Geschichte von Hohenwarth in den Franzosenkrieges
Zum Ende des 1.Koalitionskrieges machte man in Hohenwarth die traurige Bekanntschaft mit den im Kampf gegen Franzosen
gestandenen Soldaten: Ein Krankentransport kommt aus dem fränkischen bzw. bayrischen Raum. Im Hohenwarther Sterbebuch
1784-1867, S.29 wird uns berichtet: Den 22.April 1797 ist das Militar Spital von 500 Köpfen hieher gekommen, und durch 4 Tag
alhier verblieben: während dieser Zeit sind 9 von diesen Kranken alhier Verstorbenen in das Sterb=Register eingetragen worden,
auch der Todtenschein an die gehörigen Regimenter unter meiner Unterförtigung übergeben worden. Die nachfolgenden sind in
der Dissenterie meistens aber an andern faulartigen Krankheiten verstorben. Man stelle sich nun vor: In ein Dorf mit etwa 600
Einwohnern werden 500 Personen einquartiert! Der 29-jährige Andreas Dornisch und der 18-jährige Stephan Laschozy sterben im
Wirtshaus der Familie Schönmetz, sieben Soldaten sterben im Haus Nr.80 – es ist die Bäckerei der Familie Planer, die hier auch eine
Seifensiederei betreibt. Es wird wohl in Hohenwarth kein Haus geben, in dem nicht immer wieder Soldaten einquartiert wurden.
Von den Kranken war ja kaum Gefahr für Leib und Leben zu befürchten, doch das Begleitpersonal muß sich aus dem Land
versorgen, was letztlich „natürlich“ mit Gewalt verbunden war. Nun ist das bloß ein Vorgeschmack auf kommende Ereignisse, denn
das Spital verbleibt 1797 ja nur 4 Tage in Hohenwarth.
Die Jahre bis 1805 verstreichen in Hohenwarth beinahe ohne direkten Kontakt mit dem Krieg: Wohl muß man unter den
verschiedensten Titeln enorme Summen zu den Kriegskosten zahlen, doch nach Westen marschierende kaiserliche und nun
verbündete von weit herkommende russische Soldaten sind eine große Belastung unserer Gemeinde(n). 1805 richtet Napoleon
mit seinen Truppen den Hauptstoß auf Wien, während General Mortier mit etwa 24000 Infanteristen und 2400 Reitern durch die
Wachau donauabwärts marschierend die linke Flanke des französischen Hauptheeres deckt. Diesen Truppen stellt sich am
11.11.1805 der russische General Kutusow entgegen und es kommt bei Dürnstein/Loiben zu einem blutigen Treffen. Danach
machen die Russen und kaiserlichen Truppen auf der Flucht über Krems, Straß nach Osten von Franzosen nicht auf dem Fuß
verfolgt Halt in Hohenwarth. Nun können wir uns der Schilderung der Vorkommnisse im Ingedenkbuch von Hohenwarth 1844
– verfaßt von Johann Iwantschitz (Pfarrer in Hohenwarth 1844-1849) – in Auszügen anvertrauen:
Kutusow und Bagration besetzten die wahrhaft militärische Anhöhe bey der Kirche von Hohenwarth und den Engpaß allhier d.h.
die Kremser Straße durch Hohenwarth den 3.Nov.1805. mit 12000 Man (nach manchen 18000). Auf der ganzen Anhöhe bey der
Kirche links u. rechts waren die Russen mit 80. Kanonen aufgestellt. Kutusow war hier im Gasthause bey Diwald, übernachtete
aber nie hier, sondern in Ebersbrunn; sein Adjutant aber hier bey Altermann N
o
=15. In dem Wäldchen Aichholz waren als
verdeckte Vorposten Kosaken aufgestellt, welche die Kremser Straßen beobachteten. Die bey Dürnstein geschlagenen Franzosen
aber gingen den Russen nicht auf dem Fuße nach, sondern faßten in Straß festen Posten. Schon 8.Tage vorher war hier in
Hohenwarth der Sammelplatz von sehr vielen Kriegsvoräthen, Monitions= und Vorspanswägen und russischen Truppen. Hier
war der Ablösungsplatz (sc. der Soldaten) beym Schmidt=Kreuze. So standen Kutusow und Bagration auf unserer Kirchen Anhöhe
den 15.November 1805. mit ihren Truppen und Kanonen aufgestellt, Mann auf Mann, die nachrückenden Franzosen erwartend.
Hohenwarth wäre damahls in einen Aschenhaufen verwandelt und zu einen Steinhaufen sicherlich geschoßen worden, wenn die
Franzosen von Krems nachgerückt wären, hätte sich nicht ein besonderes Ereigniß in diesem Feldzuge zugetragen. Den 16. [15.]
November 1805 kam plötzlich früh 6.Uhr ein Husar mit einer Staffete an Kutusow des Inhalts: Augenblicklich mit sämmtlichen
Truppen nach Jedlersdorf bey Wien aufzubrechen... Kutusow machte sich auf die benannte Nachricht und Kriegsbefehl augen-
blicklich marschfertig, erfuhr aber gleich darauf das Vorrücken der Franzosen gegen Ober Hollabrunn, marschierte daher nicht
nach Jedlersdorf, sondern defilirte den sichersten und kürzesten Weg gegen Brünn über Groß=Meiseldorf, Getsdorf, Fahndorf,
Groß, und stand auf der Kaiserstraße bey Schöngrabern den Franzosen seine …, die ihm die Spitze bothen, den Weg versperrten,
und ihn zu Kapitulation aufforderten. "Bis auf den letzten Blutstropfen werde ich mich wehren, und über meine Leiche nach
Petersburg gehen." antwortete der tapfere Kutusow dem parlamentirenden französischen Stabs=Offizier.
Das Treffen begann … Auf dem nahen Felde bey Wullersdorf wechselten noch beyder Corps etliche Kanonen=und Flintenkugeln,
und die Russen marschierten gegen Austerlitz. Auf den beyden Schlachtfeldern Schöngrabern und Grund wurden sämmtlich über
1000.Leichen begraben. – Furchtbar haben die Russen meneuvrirt! Das Feldmagazin zu Sitzendorf fiel den Franzosen in die
Hände, die Kriegskaße aber wurde gerettet. Schon die Nacht nacher, bevor Kutusow von Hohenwarth aufbrach, kam ein
Russischer Stabsoffizier zum Marktrichter nach Sitzendorf, begehrte 8.Vorspanspferde, und begab sich mit einer kleinen
Bedeckung, die er bey sich hatte, mit der Kriegskaße nach Znaym. … Bewährte Augenzeugen haben mir erzählt, dieser edle Offizier
habe Thränen vergoßen über das Verbleichen des Glücksternes für die Russischen Waffen, bestieg sein Pferd und ritt im Schmerz
von dannen. Gewiß ein edler Schmerz, der ihm und der Sache, die er vertheidigte, Ehre machte.
Hohenwarth war von den Russen befreyet, nun kamen aber den 16. Nov. 1805. die Franzosen, weliche die Schlacht bey Dürnstein
mitgemacht haben.
Die französischen Generale Kellerman und Bernadotte kamen nach und übernachteten im hiesigen Gasthaus N
o
= 68. beym
Gastwirthe Jakob Diwald im nehmlichen Zimmer, wo kurz vorher Kutusow ausgeruht hatte. Neue Qual, eine neue Sorge für die
hiesige bedrängte Gemeinde. Was der Russe nicht verbrauchte und zerstörte, wohlgemerkt als Alliirter und Freund, das war der
Siegeswuth des eingerückten Feindes doppelt ausgesetzt. Ein wahrhaft doppelt trauriges Los! Bluttriefend, vom ... Schlachtfelde
[heranbrechend], … schnaubend besitzt die rohe Soldateska sicher wenig Humanität. Ein trauriges Beispiel hievon hat sich hier im
Orte selbst ereinet. Gleich nach dem Einrücken der Franzosen hier, nachdem die Russen Hohenwarth gereimt und der Znaymer
Kriegsstraße zu gegen Schöngrabern abmarschirt sind, konnte ein kraftloser Russe dem weichendem Corps nicht folgen, sondern
blieb hier in obigen Gasthause. Er legte sich auf den Herd zum Feuer, eine sicher Losung nach dem Kriegsrechte, als Marodeur
Pardon zu verdienen. Umsonst. Ein gemeiner Franzose erblickt ihn, (er soll vom [Berzerischen?] Corps gewesen seyn), reißt den
kranken Russen ohne Barmherzigkeit vom Herd, schleppt ihn hinaus auf die steinerne Stiege, nimmt einen schweren Stein, und
zermalmt den Kopf dieses Verlassenen, der umsonst um Gnade bittet, und im Momente seinen Geist aufgibt. Und dieß geschah im
Angesichte der französischen Capitäne und Offiziere! Ein Beweis der gerühmten französischen Humanität und Kriegs=Disciplin!
Nach dem Völker= und Kriegsrechte aller Nationen hatte dieser [Arme] sicherlich Schonung verdient. Doch was thut nicht eine
rohe Soldateska!
Hier verlassen wir die Schilderung – auch für 1809 – des Ingedenkbuches und weisen auf: Gottfried Mayer, Bemerkungen zur
Geschichte der Pfarre Hohenwarth. Das 19. Jahrhundert, in der Rubrik Heimatkundliches zum Lesen hin. Diese Bemerkungen sind
im Internet unter cgm.at aufrufbar.
2 Tafeln:
ÖKB
HOHENWARTH
2007
RUSSENLAGER
1805
12000 MANN
IM
NAPOLEON
KRIEG